Zur Verfassungsmäßigkeit der Säumniszuschläge

Die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit von Säumniszuschlägen dürfte nun höchstrichterlich geklärt sein. Der BFH hat in zwei aktuell veröffentlichten Entscheidungen (Urteil vom 23.08.2023 - X R 30/21 sowie Beschluss vom 13.09.2023 - XI B 38/22 (AdV)) erneut Stellung zur Verfassungsmäßigkeit von Säumniszuschlägen genommen und entschieden, dass gegen die gesetzliche Höhe des Säumniszuschlags sowohl für die Zeiträume vor dem 31.12.2018 als auch für Zeiträume ab dem 01.01.2019 keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen.

Beide Senate haben sich den Entscheidungen des VII. Senats angeschlossen und wie folgt ausgeführt:

  • Der VII. Senat des BFH hat mit Urteilen vom 23.08.2022 (VII R 21/21, BStBl II 2023 S. 304 Rz. 38 ff.) und vom 15.11.2022 (VII R 55/20, BStBl II 2023 S. 621 Rz. 19 ff.) entschieden, dass auch bei einem strukturellen Niedrigzinsniveau gegen die in § 240 Abs. 1 Satz 1 AO festgelegte Höhe des Säumniszuschlags keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen.
  • Insbesondere lassen sich den genannten Urteilen zufolge weder die vom Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 08.07.2021 (1 BvR 2237/14, BVerfGE 158 S. 282) herausgearbeiteten Grundsätze, nach denen die Verzinsung von Steuernachforderungen und -erstattungen nach §§ 233a, 238 AO in Höhe von 0,5 % pro Monat für Verzinsungszeiträume ab dem 01.01.2014 mit dem Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar ist, auf den Säumniszuschlag übertragen, noch verstößt die Höhe des Säumniszuschlags gegen das Ãœbermaßverbot und verletzt daher auch nicht das Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG.
  • Zwar betreffen die genannten Entscheidungen Zeiträume vor dem 31.12.2018. Die tragenden Gründe der vom VII. Senat vorgenommenen - eigenständigen verfassungsrechtlichen Prüfung gelten aber gleichermaßen für Zeiträume ab dem 01.01.2019.

In der Praxis ist damit zu rechnen, dass in Verfahren gegen die Festsetzung von Säumniszuschlägen mit dem Argument ihrer Verfassungswidrigkeit Aussetzung der Vollziehung nicht mehr gewährt werden wird.

(BFH-Urteil vom 23.08.2023 - X R 30/21 sowie BFH-Beschluss vom 13.09.2023 - XI B 38/22 (AdV))